Die Strafstation im Referendariat (NRW)
- In Lesenswert
Warning: Undefined array key 0 in /home/www/alpmann-blog/wp-content/themes/dandelion-child/includes/post-template.php on line 74
Nach dem Ende der Ausbildung in der Zivilstation geht es direkt weiter mit der Strafstation. Für manche ist dies eine Wohltat, für andere der blanke Horror…
1.) Einführungslehrgang und Strafrecht-II-AG
Auch die Strafstation beginnt mit einem rund einwöchigen Einführungslehrgang (sog. Straf-recht-I-AG). Hier sollen die Referendare darauf vorbereitet werden, während der anschließenden praktischen Ausbildung (bei der Staatsanwaltschaft bzw. beim Strafgericht) möglichst selbstständig mitzuarbeiten. In meinem Einführungslehrgang wurde vor allem der Gang des Hauptverfahrens als Vorbereitung auf den staatsanwaltschaftlichen Sitzungsdienst behandelt. Außerdem haben wir alles zu Inhalt und Aufbau einer Anklageschrift und einer staatsanwaltschaftlichen Verfügung gelernt.
Diese Inhalte wurden dann in der Strafrecht-II-AG vertieft. Wie schon in der Zivilstation erhielten alle Referendare außerdem die Möglichkeit, einen Aktenvortrag zu halten. Zudem wurden auch zwei Klausuren unter Examensbedingungen geschrieben.
2.) Einzelausbildung bei der Staatsanwaltschaft
Parallel zur AG werden die Referendare bei einem/einer Staatsanwalt/-anwältin ausgebildet; die Zuteilung zu den Dezernaten und Ausbildern erhält man im Einführungslehrgang. Von den Ausbildern bekommt man dann meist Akten, die man selbstständig zuhause bearbeitet und im Anschluss bespricht.
3.) Sitzungsdienst
Die Einzelausbilder sind auch der erste Ansprechpartner für den wohl am meisten gefürchteten Teil der Strafstation: der Sitzungsdienst. Hierzu wird man bereits in den Wochen nach dem Einführungslehrgang – unabhängig vom Dezernat der Einzelausbildung – eingeteilt. Die Einteilung erfolgt dabei wöchentlich für die jeweils nächste Woche. Für die einzelnen Sit-zungsdienste wird man dabei zu den Amtsgerichten des Landgerichtsbezirks geschickt, sodass man unter Umständen auch mal eine längere Anreise mit Bus/Bahn/Auto vor sich hat. Der Sitzungstag selbst besteht meistens aus mehreren Verhandlungen.
Die Handakten für den Sitzungsdienst werden üblicherweise beim Ausbilder abgeholt und dann gelesen. In einem weiteren Termin bespricht man die Akten mit dem Ausbilder und überlegt gemeinsam, was für die Hauptverhandlung wichtig ist: Bestehen Einstellungsmöglichkeiten, welche materiell-rechtlichen oder prozessualen Probleme könnten auftreten, welche Strafe könnte nach Stand der Akten angemessen sein?
Neben den rechtlichen Überlegungen sollte man sich auch kurz Gedanken zur Kleidung machen: Hier ist für die Frauen eine weiße Bluse und für die Männer eine weiße Krawatte Pflicht. Zudem müssen Roben getragen werden, die beim Ausbildungsgericht ausgeliehen werden können.
Der Sitzungsdienst selbst ist für viele Referendare dann sehr aufregend. Grundsätzlich kann aber nach der Besprechung mit dem Ausbilder nicht mehr viel schief gehen und wenn wirklich Probleme auftreten, deren Lösung man sich nicht zutraut, kann man den Richter immer um eine Unterbrechung bitten und den Ausbilder oder staatsanwaltschaftlichen Eildienst zur Unterstützung anrufen. Die meisten Richter sind aus eigener Erfahrung sehr freundlich und haben viel Verständnis für Referendare.
Am Anfang der Sitzung muss man als Sitzungsvertreter die Anklage verlesen. Danach sollte man gut zuhören und sich Notizen machen. Für das Plädoyer am Ende der Sitzung bereitet man am besten einen Sitzungsrenner vor, den man während der Verhandlung nur noch ergänzen muss. Formulierungsbeispiele findet ihr z.B. im Kurzskript „Ü2-Überblick Der staatsanwaltliche Sitzungsdienst“ von Alpmann Schmidt.
4.) Zusatzveranstaltungen
Zusätzlich zu den oben genannten Inhalten finden je nach Ausbildungsort auch Zusatzveranstaltungen, wie die Teilnahme an Obduktionen oder Durchsuchungen, statt. Wir erhielten bei-spielsweise die Gelegenheit, nachts am Wochenende eine Polizeistreife zu begleiten, was unglaublich interessant war. Wenn euer Ausbildungsgericht/Ausbilder ähnliche Dinge organisiert, solltet ihr unbedingt daran teilnehmen und einen Blick über den Tellerrand wagen.
5.) Fazit
Die Ausbildung in der Strafstation war insgesamt sehr abwechslungsreich und interessant – meine Lieblingsstation war aber eine andere. Davon berichte ich euch in meinem nächsten Beitrag…
Bis dahin wünsche ich euch viel Erfolg in eurem Referendariat und hoffe, dass ich einigen die Angst vor der Strafstation nehmen konnte!
Rebecca Albrecht
P.S.: Detaillierte Informationen zum Ablauf des Referendariats sowie Ausbildungspläne zu den einzelnen Stationen für NRW findet ihr hier:
https://www.justiz.nrw.de/Karriere/landesjustizpruefungsamt/juristischer_vorbereitungsdienst/0ausbildungsplaene/index.php
Dazu passend: Unser S2-Skript Die staatsanwaltliche Assessorklausur sowie unser Ü2-Überblick Der staatsanwaltliche Sitzungsdienst zum 2. Examen.