#AlpmannNews: VW und VW-Händler können als Streitgenossen auf Schadensersatz verklagt werden 04.07.2018
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Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Beschluss vom 06. Juni 2018 (X ARZ 303/18) erstmals eine wegweisende Entscheidung im Abgasskandal getroffen.
Gegenstand des Verfahrens war die Frage, ob die Volkswagen AG neben dem VW-Händler bei Klagen im sog. Abgasskandal ebenfalls am Sitz des Händlers verklagt werden kann oder für VW nur das verbraucherfeindlich urteilende Landgericht Braunschweig zuständig ist.
Damit steigen die Erfolgsaussichten der betrogenen VW-Kunden weiter, weil Volkswagen die Klagen nicht mehr an das verbraucherfeindlich urteilende Landgericht Braunschweig ziehen kann. Nahezu alle anderen bundesweit mit dem Dieselskandal befassten Landgerichte entscheiden zugunsten der VW-Kunden und verurteilen die Volkswagen AG zum Schadenersatz wegen vorsätzlich sittenwidriger Schädigung (§ 826 BGB) oder wegen unerlaubter Handlung in Form des Betrugs (§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB), sodass das Gericht am Sitz des Händlers oftmals die bessere Wahl ist.
Voraussetzung für eine solche gemeinschaftliche Klage ist, dass “gleichartige und auf einem im Wesentlichen gleichartigen tatsächlichen und rechtlichen Grund beruhende Ansprüche oder Verpflichtungen den Gegenstand des Rechtsstreits bilden”, § 60 ZPO. Der BGH hat nunmehr am 06.06.2018 (Az. X ARZ 303/18) entschieden, dass Verkäufer und Hersteller als Streitgenossen gem. § 60 ZPO gemeinschaftlich verklagt werden können, wenn der Käufer gegen den Verkäufer Ansprüche wegen eines behaupteten Sachmangels und gegen den Hersteller des Fahrzeugs (VW) Ansprüche aus unerlaubter Handlung geltend macht, die auf die Vortäuschung eines mangelfreien Zustandes gestützt werden. Nach Ansicht des BGH sind diese gegen den Verkäufer und den Hersteller gerichteten Ansprüche ihrem Inhalt nach gleichartig, weil sie jeweils darauf gerichtet seien, den Kläger von den Folgen seiner Kaufentscheidung zu befreien. Sie beruhen im Wesentlichen auf denselben tatsächlichen Gründen, nämlich: dem Schafstoffausstoß und dem Kraftstoffverbrauch des verkauften Kfz und der darauf bezogenen werbenden Äußerungen von VW und deren Einfluss auf die Entscheidung des Käufers zum Kauf. Obwohl es sich um unterschiedliche Anspruchsgrundlagen (Gewährleistungsrecht gem. § 437 BGB vs. unerlaubte Handlung gem. § 823 BGB) handelt, werden die Ansprüche dennoch im Wesentlichen auf ein gleichen Lebenssachverhalt gestützt. Dies genügt, um Hersteller (VW) und Händler gem. § 60 ZPO gemeinschaftlich verklagen zu können. Für eine gemeinschaftliche Klage gegen Händler und VW als Streitgenossen i. S. d. § 60 ZPO ist nämlich nicht erforderlich, dass der gesamte anspruchsrelevante Sachverhalt deckungsgleich ist.
Mehr Informationen zu der Streitgenossenschaft findet ihr im Alpmann Schmidt Skript ZPO, S. 110 ff.